Mental Accounting: Wenn der Kopf nur scheinbar über das Bauchgefühl siegt
Beim Mental Accounting handelt es sich um ein Prinzip, das die Werbefachwelt der Gestaltung von Preisen zugrunde legt. Als Gegenstand der Verhaltensökonomik beschreibt Mental Accounting ein Verbraucherverhalten, bei welchem der Kunde seine finanziellen Transaktionen in mentale Konten einteilt. Der Clou dabei: der Kunde behandelt jedes einzelne seiner mentalen Konten anders, indem er jedem gedachten Konto eine andere Bedeutung zumisst. Deutlich wird dies an einem empirischen Experiment des Alfred-Nobel-Gedächtnispreisträgers Professor Richard H. Thaler unter Theaterbesuchern: Eine Gruppe von Testpersonen geht ins Theater. Ein Teil der Gruppe kauft die Karten im Voraus und bezahlt pro Ticket 10 Dollar. Diesem Teil der Gruppe wird die Karte jedoch vor Beginn abgenommen, sodass sie die Entscheidung treffen müssen, nun eine neue Karte zu kaufen oder nicht. 56 % dieser Testteilgruppe sind dazu nicht bereit, da sie damit ihr mentales Konto „Theaterticketkauf“ nun auf ungeplante 20 Dollar ansteigen sehen. Der andere Teil der Theatergruppe soll sein Ticket an der Abendkasse holen. Kurz vor dem Kauf wird ihnen gesagt, sie hätten das Bargeld für das Ticket verloren und müssten den Eintritt nun bargeldlos bezahlen. 88 % dieser Testteilgruppe entscheiden sich trotzdem zum Kauf, da sie den Verlust des Bargeldes nicht dem Theaterbesuch zuschreiben und dieser sich damit nicht im Wert verdoppelt. Was ist bei beiden Gruppen geschehen? Der mentale Preis für den Theaterbesuch hat sich beim ersten Personenkreis verdoppelt. Bei über der Hälfte der Personen überstieg dieser Preis den persönlichen Wert für den Theaterbesuch. Sie wollten schlicht und einfach keine 20 € für das Theater bezahlen. Der zweite Personenkreis verbuchte den Bargeldverlust nicht unter Theaterbesuch, sondern unter „Missgeschick“ und war daher zu fast 100 % bereit, trotzdem die 10 € Eintritt zu bezahlen, auch wenn ihnen nach dem Kauf des Tickets de facto trotzdem insgesamt 20 € fehlten. Doch was bedeutet das nun für Dich und Deine Preisgestaltung? Preise sind vor allem dann erfolgreich, wenn sie dem mentalen Konto des Kunden entsprechen. Die Kunst liegt folglich darin, Preise so zu gestalten, dass die Zielgruppe darin ihren persönlichen gedachten Wert für ein Produkt oder eine Dienstleistung wiedererkennt. Dabei spielen folgende Effekte eine wichtige Rolle:Schwelleneffekt Jeder Mensch setzt sich Preisschwellen, also gedachte Maximalwerte für ein bestimmtes Produkt. Liegt zum Beispiel der gedachte Wert von Butter über 1 €, dann ist es für die Mehrheit der Kunden unwichtig, ob die Butter nun 1,09 € oder 1,29 € kostet.
Figureneffekt Zahlen werden oft als Figuren wahrgenommen, die besonders dann auffallen, wenn diese einheitlich sind. Zudem wird dabei auch gerne abgerundet, sodass aus 2,22 € nur 2 € auf der mentalen Preisliste verbucht werden und von 9,99 € nur 9 €.
Eckartikeleffekt Sind die am häufigsten gekauften Artikel in einem Geschäft günstig, dann nimmt der Kunde automatisch an, dass auch alle anderen Artikel dort günstig sind.
Färbungseffekt Wo Signalfarben platziert sind, wird mental vorausgesetzt, dass das Produkt auch billiger sei.
Ankereffekt Mit durchgestrichenen (Mond-)Preisen wird der Effekt unterstützt, dass es sich um stark rabattierte Ware handelt.
Platzierungseffekt Werden günstige Produkte neben teure Produkte platziert, wird bevorzugt nach dem günstigeren gegriffen. Wird dazu noch ein drittes, noch teureres Produkt platziert, so greift der Kunde vornehmlich zur mittleren Preiskategorie.
Barzahlungseffekt Kann mit Karte bezahlt werden, wirken die Preise niedriger und die Kaufbereitschaft steigt.